Am 18. Dezember 2017 wurde im Kreistag Starnberg der Haushalt für das Jahr 2018 diskutiert und verabschiedet. Die Fraktion B 90/Die Grünen hat diesem Haushalt mehrheitlich zugestimmt.
Die Haushaltsrede ist nachfolgend widergegeben: Haushalt2018
Vorbemerkung
Die alljährliche Verabschiedung des Haushalts bietet traditionell die Möglichkeit, nicht nur das Zahlenwerk zu beurteilen, sondern dieses insbesondere auch im Hinblick auf seine Wirkung, seine Zielrichtung zu beurteilen. Auch wenn ein großer Teil der Kreishaushalte mit Pflichtaufgaben und der Bezirksumlage quasi fix ist – auch bei den Pflichtaufgaben ist durch Steuerung einiges zu erreichen – muss auch dieser Haushalt darauf geprüft werden, ob dieser zukunftsfest, solide, nachhaltig ist.
Zunächst gilt unser Dank aber der Verwaltung und hier insbesondere unserem Kämmerer und allen, die die jeweiligen Einzelhaushalte aufgestellt haben. Der Dank gilt insgesamt der Verwaltung, die nach wie vor unter beengten Bedingungen tolle Arbeit leistet – auch wenn wir manches kritisch hinterfragen.
Welche Themen haben uns in diesem Jahr besonders bewegt und wo müssen wir in den nächsten Jahren besonders genau hinschauen?
Integration
Ich darf daran erinnern, wie wir in den vergangenen Jahren die Leistung der Verwaltung und unseres Landrats bei der Bewältigung der Herausforderung durch die Ankunft vieler Geflüchteter sehr gelobt haben. Das will ich nicht schmälern; dennoch sehen wir, dass hier sowohl auf Bundes- als auch insbesondere auf Landesebene und damit beim konkreten Einzelschicksal vor Ort vieles schief läuft. Die Abläufe in unserem Ausländeramt sind nach wie vor verbesserungsbedürftig. Ein erster Helferkreis hat aufgegeben, weil die Unterstützung und die Zusammenarbeit mit dem Landratsamt nicht funktioniert haben. Arbeitserlaubnisse wurden nicht erteilt, trotz vorliegender Arbeits- oder gar Ausbildungsplätze. Dass nun unsere dezentralen Unterkünfte nach und nach aufgelöst und die Menschen, die sich bei uns wohl fühlen, in zentralen Unterkünften ohne die persönliche Anbindung vor Ort leben sollen, widerspricht unserer Vorstellung von Integration. Wenn wir wollen, dass Integration gelingt, dann bedarf es hier großer Anstrengungen von allen! Sowohl seitens der aufnehmenden Gesellschaft, als auch von den Menschen, die zugewandert sind.
Wir regen an, dass der Landkreis Starnberg sich umgehend auf den Weg macht und das Thema Integration ebenso professionell angeht, wie er das bei der Erarbeitung des Aktionsplans für Menschen mit Behinderung getan hat. Partizipativ und konkret.
Inklusion
Der Aktionsplan für Menschen mit Behinderung ist gut geworden! Herzlichen Dank an alle, die sich hier so engagiert eingebracht haben! Klar ist, dass damit Erwartungen geweckt wurden; wir eine Verpflichtung eingegangen sind. Daher geht es nun darum, Prioritäten zu definieren und den Plan abzuarbeiten. Dazu braucht es zum einen die weitere professionelle Steuerung aus der Verwaltung (dazu haben wir eine Stelle geschaffen) und die Mitwirkung vieler Akteure, an 1. Stelle wohl häufig die Landkreiskommunen.
Bildung
Wir widmen uns mit Verve der Weiterentwicklung der Schullandschaft – auch wenn uns von anderer Seite (Bayern in mehrfacher Hinsicht und Stadt Starnberg beim Bau der FOS) die Sache nicht leicht gemacht wird. Mit der Rückwärtsrolle zum G 9 dürfte die Schullandschaft deutlich durcheinandergewirbelt werden.
Lieber Freistaat: Wer anschafft – ZAHLT!
Was wir nun dringend angehen müssen, ist die Schulbedarfsplanung fortzuschreiben und insbesondere unsere gesamte Bildungslandschaft gut in den Blick zu nehmen und zu vernetzen. Einiges wurde da durch den Prozess zur Bildungsregion und unsere Bildungskoordinatorin für Neuzugewanderte auf den Weg gebracht worden. Was nach wie vor fehlt: ausreichend Schulplätze für unsere jungen Geflüchteten.
Bürgerschaftliches Engagement
Unsere Gesellschaft lebt insbesondere auch vom Bürgerschaftlichen Engagement – sei es bei der Freiwilligen Feuerwehr, den Sportvereinen, den Agenda-Gruppen oder den vielfältigen sozialen Initiativen von den Tafeln bis zu den Nachbarschaftshilfen, um nur einige zu nennen. Bürgerschaftliches Engagement ist wichtig, hält eine Gesellschaft zusammen und trägt zum gegenseitigen Verständnis bei – es darf aber nicht zum Ersatz staatlicher Aufgaben werden. Auch im Landkreis Starnberg gibt es viel Potenzial, das Unterstützung und Vernetzung benötigt. Eine sinnvolle kreisliche Aufgabe!
Demographische Entwicklung
Von einer Fortschreibung des Seniorenpolitischen Gesamtkonzepts erwarten wir uns von der Verwaltung deutlich mehr Kreativität! Ambulant vor stationär – entsprechend dem Wunsch der Mehrheit der Menschen, die ihren Lebensabend so lange es irgendwie vertretbar ist, in ihrer gewohnten Umgebung verbringen möchten. D. h. mehr Investition in präventive, beratende und ambulant unterstützende Angebote anstatt den Fokus allein auf den Ausbau im stationären Bereich zu legen. Das funktioniert nicht!
Mobilität – der Blick in die Zukunft
Sehr erfreulich ist, dass mit dem Beschluss zum Mobilitätsplan, den vielfältigen Veränderungen im Mobilitätsverhalten der Bürgerinnen und Bürger, der Verbesserung unserer Luftqualität und dem großen Einfluss, den der motorisierte Individualverkehr auf unser Klima hat, endlich auch von der CSU Rechnung getragen wird. Im ÖPNV haben wir tatsächlich einen Quantensprung gemacht – Weiter so! Wir sind sehr mit dem neuen Bussystem einverstanden. Es handelt sich, so meinen wir, um eine echte Kulturwende im Verständnis von Mobilität im ländlichen Raum. Natürlich wird es schwer werden, die an das Auto gewöhnten Menschen dem Bus nahezubringen. Da sind wir alle hier im Kreistag als Vorbilder gefragt
Was uns fehlt, ist jedoch ein viel deutlicheres Bekenntnis zu allen Alternativen zum motorisierten Individualverkehr. Mehr alltagstaugliche Radverbindungen, keine Investitionen in Straßenneubau und weiterer Ausbau des ÖPNV, auch wenn es, lieber Bernhard Sontheim, gefühlte „Geisterbusse“ gibt.
Die MVV-Tarifreform ist leider – auch wenn es für die Landkreise Verbesserungen bringen wird – nur ein Reförmchen. Da ist deutlich mehr drin, um die Attraktivität weiter zu steigern.
Solarkampagne
Ebenfalls ein großes Lob für die Unterstützung der Solarkampagne und für die Förderung von e-Ladesäulen, vom Mietradsystem und vom CSU-Antrag zur Mobilitätsvision 2020. Wir werden als Grüne sehr darauf achten, dass es nicht bei den guten Absichten und Sonntagsreden bleibt.
Landesentwicklungsplan
Eine wahre Katastrophe ist der Landesentwicklungsplan und das Aufweichen des Anbindegebots. Anstatt auf innerörtliche Verdichtung zu setzen, fransen unsere Orte immer mehr aus, immer neue Gewerbegebiete entstehen – mit den entsprechenden Folgen: immer mehr Landschaft wird zerstört, unsere Bannwälder, Wasserschutz- und Landschaftsschutzgebiete sind nachhaltig gefährdet, der schnöde Mammon – den die Gemeinden für ihre Aufgabenerfüllung benötigen – steht im Vordergrund eines kurzfristigen Denkens. Hier sind der Landkreis und auch die GWT gefragt – jede Herausnahme aus einem Landschaftsschutzgebiet bedeutet Zerstörung! Die GWT könnte hier eine wichtige Rolle der Beratung einnehmen – nämlich darauf zu achten, wo ist Leerstand im Landkreis, was wird wirklich benötigt (geht es auch kleiner?) etc.
Klinikum wird zum Konzern
Das vergangene Jahr war insbesondere auch von der Neustrukturierung unseres Klinikums geprägt. Fast geräuschlos, würde ich sagen. Wir stehen hinter diesem Weg – sagen aber sehr deutlich, dass wir die Entwicklung sehr genau verfolgen; insbesondere muss das Klinikum dafür sorgen, dass dies alles nicht zu Lasten der Mitarbeitenden geht. Dafür müssen die Arbeitsbedingungen gut gestaltet werden (Themen wie Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Wohnen dürften im Mittelpunkt der Bemühungen stehen).
AWISTA
Unser AWISTA verdient ein Lob für seine engagierte Arbeit bei der Integration von Geflüchteten. Die Geduld mit den immer irrationaler werdenden Vorschriften der Arbeitsgenehmigungen für Geflüchtete ist enorm. Eine neue Photovoltaikanlage auf der .
Kompostanlage in Hadorf zeigt, dass auch AWISTA zur Energiewende Beiträge liefern kann. Wir vermissen noch konkrete Informationen zur Umwandlung des Verbandes in ein Kommunalunternehmen. Aber das kommt wohl hoffentlich bald
Verband Wohnen
Auch der Verband Wohnen ist mit seinen Aktivitäten auf dem richtigen Weg. Hier wünschen wir für 2018, dass die Themen „Stellplatzverordnung überdenken“, „Carsharing“ und „Mieterstrommodell mit Photovoltaikanlagen auf den Dächern“ in konkrete Maßnahmen fließen werden.
Kleine Anmerkung am Rande: Auch bei unseren eigenen Bauvorhaben haben wird auf sehr gute energetische Standards geachtet – unsere Vorbildfunktion ernst genommen!
Stellenmehrungen
Wir stimmen den Stellenmehrungen für die Verwaltung zu – die Begründungen sind schlüssig. Wenn wir auch weiterhin Fachpersonal einstellen und halten wollen, müssen wir insbesondere weiter an der Attraktivität als Arbeitgeber arbeiten. Neben den klassischen Instrumenten der Personalentwicklung beantragen wir, dass der Landkreis die „Charta der Vielfalt“ unterzeichnet und jedes Jahr entsprechende Maßnahmen umsetzt, um sich hier als Verwaltung weiter zu öffnen und zu entwickeln
Ausblick
Der Haushalt 2018 ist solide. Er ist schuldenfrei! Dank einer guten Umlagekraft und sinnvoller Investitionen insbesondere in Bildungseinrichtungen und in eines unserer Kernthemen, die Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs!
Die Zuführung zum Verwaltungshaushalt ist in diesem Jahr ebenso wenig ein Problem, wie die Zustimmung der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zur Kreisumlage.
Nach den Vorberatungen ist es für Sie keine Überraschung mehr, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem Haushalt mehrheitlich zustimmen wird.
Dank
Der Dank der Fraktion und mein ganz persönlicher Dank gilt der Verwaltung, mit der wir vertrauensvoll zusammen gearbeitet haben. Mein Dank gilt unserem Landrat und seinen Stellvertretern und er gilt Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die gute Zusammenarbeit!
Ihnen allen wünsche ich ein frohes Fest mit Ihren Lieben, erholsame Tage „zwischen den Jahren“ und uns allen wünsche ich ein friedliches neues Jahr! Ein Jahr, das stabile Verhältnisse bringt, in dem wir uns weiter klar gegen die aufkommende Rechte positionieren – für ein starkes Europa!