Kurz vor Weihnachten verabschiedete der Kreistag des Landkreises Starnberg seinen Haushalt für das Jahr 2025. Eine extrem angespannte Haushaltslage führte bereits im Vorfeld zu intensiven Diskussionen, an welchen Stellen Projekte verschoben und Kürzungen vorgenommen werden können.
Auszüge aus der Rede zum Haushalt:
1. Rekord-Hebesatz von 54,80 %: Belastung für unsere Gemeinden
Beginnen wir mit dem Hebesatz: Ein Rekordwert von 54,80 %. Dieser Anstieg trifft unsere Gemeinden und die Kreisstadt empfindlich. Es ist unbestritten, dass Investitionen in Bildung, Infrastruktur und soziale Projekte essenziell sind. Besonders begrüßen wir die geplanten Maßnahmen im Bildungsbereich, bei der Sanierung unserer Schulen; denn Bildung ist nicht nur ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft, sondern auch ein entscheidender Standortfaktor für unsere Wirtschaft.
Allerdings stellen wir uns die Frage: Wo bleibt der konkrete Plan für den Bau der dringend benötigten Fachoberschule? Dieses Vorhaben ist seit Jahren im Gespräch, wir haben eine Interimslösung und stehen im Wort gegenüber den Schülerinnen und Schülern, dem Lehrkörper auch dem Freistaat. doch die Umsetzung bleibt nebulös. Wir benötigen mehr Verbindlichkeit und klare Zeitpläne. Unsere Jugend braucht Perspektiven, und unsere Wirtschaft braucht gut ausgebildete Fachkräfte – der Bau der Fachoberschule ist daher nicht verhandelbar.
2. Zukunft des Krankenhauskonzerns: Kritik am Freistaat Bayern
Ein weiterer kritischer Punkt ist die Zukunft unseres Krankenhauskonzerns. Wir begrüßen es, dass Sie Herr Landrat in Ihrer Funktion als Vorsitzender des Aufsichtsrats gemeinsam mit Aufsichtsrat und Geschäftsführung hier wichtige Schritte eingeleitet haben. ABER: Hier sehen wir massive Versäumnisse seitens des Freistaats, die wir nun ausbaden müssen. Die Krankenhausplanung wurde über Jahrzehnte eher nach Gusto denn nach einem sinnvollen Plan vollzogen, der nun von der Gesundheitsministerin verkündete 7-Punkte-Plan ist viel zu vage und lässt weiterhin befürchten, dass sich der Freistaat vor der erforderlichen Steuerungsverantwortung drückt. Und doch dürfte den meisten hier im Raum klar sein, dass ohne die Umsetzung der Strukturreform, des noch von der jetzigen Regierung verabschiedeten Krankenhausverbesserungsgesetzes die Zukunft, sprich Finanzierung und Aufrechterhaltung mit Blick auf den Fachkräftemangel, unseres Gesundheitssystems massiv gefährdet wäre. Statt einer klaren Strategie des Freistaats sehen wir Unsicherheit, die sowohl die finanzielle Lage unserer Kliniken als auch die Versorgungssicherheit der Bürgerinnen und Bürger gefährdet, wenn wir nicht bald zu Potte kommen.
Es ist schlichtweg inakzeptabel, dass die Kommunen diese Lücken schließen müssen. Der Freistaat darf uns hier nicht im Regen stehen lassen. Wir fordern daher nicht nur einen höheren Anteil aus dem quotalen Steuerverbund, sondern auch sofort „frisches Geld“, um die akuten Herausforderungen zu bewältigen. Gesundheitsversorgung ist kein Luxus, sondern ein Grundrecht.
3. Einsparungen an der falschen Stelle: Soziales, Kinder- und Jugendarbeit, Klimaschutz und Kultur
Besonders besorgniserregend sind die Einsparungen in zentralen Bereichen wie der Kinder- und Jugendarbeit, im sozialen Sektor und beim Klimaschutz. Diese Entscheidungen mögen kurzfristig den Haushalt entlasten, doch langfristig werden sie uns teuer zu stehen kommen.
- Kinder- und Jugendarbeit: Unsere Kinder und Jugendlichen sind die Zukunft des Landkreises. Sparmaßnahmen in diesem Bereich nehmen ihnen Chancen und erhöhen das Risiko von sozialen Problemen.
Ich zitiere hier gerne unser Mitglied aus dem Jugendhilfeausschuss, Sonja Gaja: „Es ist Wahnsinn, in der jetzigen Situation an Jugendhilfe, an Beratung
zu sexuellem Missbrauch, an Prävention zu sparen. Genau jetzt sieht man bereits, dass die Fallzahlen im stationären ebenso wie im ambulanten Bereich nach oben gehen. Das wird zunehmen, wenn wir nicht in Prävention, in Beratung und offene, maximal niedrigschwellige Angebote investieren.
Wenn man Jugendlichen Angebote macht, bevor es eskaliert, bevor Kriminalität, Einsamkeit, psychische Probleme sich zu riesigen “Monstern” entwickeln, dann gelingt es, Menschen in einer positiven Lebensentwicklung stärken. Man spart effektiv Pflichtleistungen des Jugendamts und künftig Leistungen unseres Sozialsystems, wenn Sie es ökonomisch begründet haben wollen. Wir haben in zwei oder drei Jahren das Schuldenproblem nicht gelöst, aber mit verhältnismäßig geringen Mitteln Karrieren und Lebensläufe vielleicht positiv beeinflusst. Diese Option wird nun wieder kurzsichtig verpasst.“
- Soziales: Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten sind soziale Sicherungsnetze entscheidend. Einsparungen hier treffen die Schwächsten in unserer Gesellschaft und gefährden den sozialen Zusammenhalt.
- Klimaschutz: Die Klimakrise macht vor unserem Landkreis nicht Halt. Einsparungen in diesem Bereich sind ein fatales Signal. Wir brauchen mehr, nicht weniger Investitionen, um unsere Region zukunftsfähig zu machen. Und von unserer Seite kommen hier immer wieder konstruktive Vorschläge, die den Kreishaushalt sogar entlasten würden. Allein – hier fehlen Weitblick und Wille.
- Kultur: Auch wenn unser Landrat gerne betont, dass wir im kulturellen Bereich nicht sparen, ist das nur die halbe Wahrheit. Tariferhöhungen und Inflation sind auch an den Menschen, die sich für das kulturelle Leben in unserem Landkreis engagieren, nicht vorübergegangen. Bei gleichbleibender Förderung sind das faktisch Kürzungen. Und klar – wir sind froh, dass es nicht noch schlimmer gekommen ist.
- Personal: Dass der Freistaat seiner Verpflichtung, den Landkreisen ausreichend staatliches Personal zur Verfügung zu stellen oder Leistungen, die die Kreise für staatliche Aufgaben erbringen, zu refinanzieren ist nicht neu – aber wir können uns das nicht mehr leisten. Hier müssen wir gemeinsam agieren!
4. Gefährdung der Demokratie durch Frust und Überlastung
Eine Politik, die Gemeinden, soziale Projekte und Klimaschutz gleichermaßen belastet, führt langfristig zu Frust und Misstrauen in der Bevölkerung. Überlastete Gemeinden, unzufriedene Bürgerinnen und Bürger und ein Gefühl des Ausgeliefertseins schaffen ein gefährliches Klima für populistische Strömungen. Demokratie lebt vom Vertrauen, und dieses Vertrauen wird durch unzureichende Unterstützung von Seiten des Landes gefährdet.